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Eine
Kurzgeschichte:
Ein fast perfekter Mord (Bayerisch und Hochdeutsch)
Lukas
spielt gerne und viel. Auch heute hat er sein
neuestes Spiel,
einen Detektivkasten mit auf den Sportplatz genommen, weil er wusste,
dass Franz auch da war. Franz war sein bester Freund. Heute wartete er
schon.
“Schaug, wos i von
meim Onkel
g´schenkt kriagt hob,” fing er an und
öffnete den Kasten.
“Ui, a
Detektiv-Kasten. Do kann ma
feilgrod
Fingerabdrück nemma und do is a Lupe”, Franz war
begeistert
und schaute seinen Freund gleich mit der Lupe an.
“Schaug, do
is a
Ortungsgerät, do kann i
einischaun, wo d´Eltern san oder, no besser”,
begeisterte
er sich, “ wenn du hoim gangest, dann kann i schaugn, ob du
tatsächlich hoam gangest.”
“Wahnsinn, des i voll
cool. Komm,
des probiern ma glei aus”
“Warum,
moagst jetzat scho
hoam ganga?”
“Doofkopp, mir nehma
irgend oi
Person und sagn ihr dann, dass sie sich verstecke soll.”
“Quatsch, des is doch
bleed, die
Person soll doch nia nix dodavo mitbekomma. Des macht doch vui mehra
Spaß.”
“I woiß no
wos Bessas. Mir
mach´n es an oim Auto dro und dann ko ma schaung, wo die
hifahra.”
Die beiden Freunde waren eifrig
bei der Sache.
Gleich gingen sie auf den Parkplatz, der an dem Sportplatz angrenzte.
“Schaug
amoi, der ist doch
prima.”
“Der ganget gar net,
des is doch
dera vom dritten Stock, dera fahrt vui zu selten Auto, do misse ma zu
lang worten.”
“Aber
dera do, des
ist doch die
... Ah
nee,” meinte Lukas gleich darauf enttäuscht, "die
duat doch
ehna deppertn Bua immer in da Fruh furt und do san mir in da
Schui.”
Sie gingen weiter.
“Dera do, dera is
genau
richtig, des
san doch d´Hubers, die fahrn vui fort, so zum
Woindern und
zum Eikaffa und so. Den Wogn nemma mia.”
Beide Buben waren begeistert
und brachten ihr
neues Spielzeug mit einem Magnet unter dem Auto an. Dann liefen sie weg.
Annamierl und Sepp Huber, ein
Rentnerehepaar
gehen oft und
gerne wandern. So kennen sie sich in ihrer Umgebung schon sehr gut aus
und die Kreise, die sie auf ihrer Karte ziehen, werden immer
größer.
“Woas moinst,
Annamierl, soll mia
amoil auffi ganga
auf den Baumwipfelpfad uns des ogschaue? Da Peter hot scho
nochgfrogt un i hob zuagebn misse, dass i no nia nich droben war. Er
wor total ganz begeistert.”
“I mog aber net dort
hi ganga, wo so
vui Saupreißn san.”
“Wo mogst
denn sunscht hi
ganga”?
“I mog amol auffi
gang auf
´ne Burg?"
Annamierl schaute ihren Sepp
erwartungsvoll
an. Der aber war gar nicht begeistert von dem Vorschlag seiner Frau.
"Na, do gangets net, do san no
vui mehra
Touristen, i mog
do higanga, wo ma des letzte moi woirn, woist, do auffi zur
großen Kanzel, do wo du dei Roatztuach verlorn hoast."
"Jo, do ganga ma hi,"
ließ sich
Annamierl vernehmen, "Vuilleicht find ma des Roatztuach wieder."
Annamierl war zeitlebens sehr
sparsam, eben
eine echte
Biadoasnsammlerin. Also eine,
die
Bierdosen sammelt, weil sie alles Geld am
liebsten in
ihre vorher ausgetrunkenen Bierdosen sammelt. Aber
auch sonst und speziell bei ihrem Sepp
ließ
sie ihre Sparsamkeit an ihm
aus. Wenn die Hose
vom Sepp zerrissen war, wurde geflickt, war der Flick
zerrissen, wurde
draufgeflickt. Der Hut hatte auch schon bessere Tage gesehen und das
Hemd wurde abends gewaschen, über die Heizung gehängt
und
tags darauf wieder angezogen. Die Strümpfe wurden, wenn sie
nicht
mehr zu flicken waren, aufgezogen und mit anderen alten wieder neu
gestrickt. Nur die Haferlschuhe sahen sauber und gepflegt
aus. Da
ließ der Sepp seine Annamierl nicht ran, die wurden
eingeschmiert
mit Fett, dass sie nur so trieften, dann wurde gewienert und abends
wurden sie mit Zeitungspapier ausgestopft und unters Bett gestellt.
Am nächsten Morgen
stand das Ehepaar
sehr früh auf.
"Zefix no amoi, dara Knopf is
scho wiada oba",
schimpfte
der Sepp und zog es wieder aus, damit Annamierl einen anderen Knopf
annähen konnte.
"Du Dotscherl, du", wies ihn
seine Frau
zurecht, "wannst nat so vui in di einistopfn duast, dann war da Knopf
net obasprunga.
"So, jetzat geh weider, Oidi,
sunst kimma ma
no nit furt, dann san ma am Obend no do."
Bald war
es
geschafft und Annamierl und Sepp fuhren mit ihrem
Auto fort.
Aber Sepp lenkte das Auto
nicht, wie Annamierl
vermutete, nach Norden, sondern er steuerte den Süden an.
"Wo gangets denn du hifohrn,
des is doch nia
net richtig, do misse ma doch aufm Berg owi fohrn"
"Na," meinte der Sepp, i woass
no wos Bessers,
i mag moi
in die Berg auffifohrn und do is heit Föhn und do hoba ma a
sauguate Aussicht und des mog i amoi oschaun."
"Wonnst moanst".
Annamierl
fügte sich, sie
konnte ja sowieso nichts machen, da ihr Sepp schon in Richtung Alpen
unterwegs war.
Sie fuhren also quer durch
Niederbayern bis
nach
Rosenheim, dann hinauf nach Aschau um von dort auf die Kampenwand rauf
zu kraxeln.
Annamierl war begeistert von
der
schönen Aussicht.
Sie fand zwar den Weg sehr weit, das viele Benzin, das sie verfahren
hatten, hätte leicht für mehrere Fahrten in ihrer
Umgebung
gereicht, aber da sie nun schon mal da waren, genoss sie es
um so
mehr.
Beide waren geübte
Wanderer, aber das
Klettern war in
ihrem Alter nicht mehr so leicht. Sie schnauften ganz
beträchtlich
und mussten immer wieder Pausen einlegen.
Der Sepp allerdings schaute
nicht so sehr die
wirklich
wunderschöne Aussicht an, sondern nach etwas ganz Besonderem,
an
das er sich aus seiner früheren Jugendzeit erinnerte, aber er
wusste nicht mehr, in welcher Höhe es war.
Da, jetzt glaubte er es
gefunden zu haben. Je
näher
sie kamen um so mehr war er sich sicher, dass es diese Spalte war,
tief, sehr tief und nicht sehr breit, gerade breit genug um einen
Menschen wie Annamierl sehr tief fallen zu lassen.
"Glabst, do kemma
nüber springa?"
Annamierl war sich
nicht sicher, denn es ging nicht nur sehr weit, sondern auch noch
bergauf. Ob sie das in ihrem Alter noch schaffen würde?
"Des schaffa ma scho no,"
beruhigte sie ihr
Gatte, "du zuerscht und dann komm i."
Annamierl schaute etwas
zaghaft, fasste all
ihren Mut zusammen, ihr Mann stand ja hinter ihr und das beruhigte sie.
Als sie
gerade
ihren
Sprung ausführte, merkte
sie einen
kräftigen Schubs im Rücken und sah mit Entsetzen die
tiefschwarze Finsternis der Spalte vor sich und dann merkte
sie
nur noch wie sie fiel und fiel und fiel.
Der Sepp stand
ungerührt am Rande und
schaute ihr nach.
"Ruhe in Frieden", sagte er
laut vor sich hin,
drehte sich um und ging den Weg wieder hinunter zu seinem Auto um heim
zu fahren.
Am nächsten Tag ging
der Sepp zur
Polizei.
"Du, Bepperl, die Annamierl is
gestern aufm
Wandern verschwunden. Des hot sie no nia nich gmocht",
"Wia, verschwunden?" wunderte
sich der
Bepperl. Die beiden
kannten sich noch aus den frühesten Kindertagen. Sie spielten
schon zusammen im Sandkasten, gingen gemeinsam in die Schule, obwohl
der Sepp ein Jahr älter war, aber in Winkelsbrunn waren nicht
so
viele Kinder und so konnten sie alle, von der ersten bis zur letzten
Klasse, gemeinsam in einem Raum unterrichtet werden. Der Bepperl wurde
danach Polizist, weil er sich in die Uniform verliebt hatte und sich so
mehr Chancen bei dem weiblichen Geschlecht versprach, was allerdings
trügerisch war, er bekam einfach keine Frau. Und
da
er nicht gerne alleine
zu
Hause war und es an polizeilichem
Nachwuchs fehlte, arbeitete er noch drei Tage die Woche. Der Sepp wurde
Automechaniker, ein in dem kleinen Dorf angesehener Beruf, vor allen
Dingen bei der Jugend.
"Na, hoit verschwunden,"
wiederholte sich der
Sepp.
"Sie wollt hoít
pieseln und is
hinter eahm Busch
ganga und i hoab gwoart und gwoart und sie is nimmer kimma." Der Sepp
schaute sehr verzweifelt drein, jedenfalls bemühte er sich
darum.
"Jo, moanst, i sollt se suchn,
oder wos?"
"Wos denn sunscht? Dessat wegn
bin i doch do,
du Depp."
"I? Gons alloi?"
Der Bepperl war schon manchmal
begriffsstutzig, jetzt im Alter noch mehr.
"Auffi, geh ma," Der Sepp hatte
es aber
wirklich sehr eilig.
"Woart amoi, i
sog
dem Wastl a no Bescheid. Vuilleicht ganget der a
mit?"
"Wannst moinst".
Und so verschwand der Bepperl
in den hinteren
Räumen um nach kurzer Zeit mit dem Wastl wieder zu kommen.
"Griaß di, Sepp, du
machst ja
Sachen,"
begrüßte sie der Wastl. Seit er der Chef in der
Winkelbrunner Polizei war, bemühte er sich Hochdeutsch zu
sprechen, was ihm allerdings nicht oft gelang.
"Habe die Ehre", erwiderte der
Sepp. Der
Bepperl war sein
Spezl, doch der Wastl war eine Respektperson, die man
gebührend
begrüßen musste.
"Was hear i do? Dei Wei is
verschwunden? Jo,
wia des? Des ganget do gor net?"
Der Sepp
konnte
gar nicht die vielen
Fragen auf einmal beantworten.
Und der Wastl ist vor lauter Aufregung wieder in seine alte
Heimatsprache zurück gefallen.
"Jo, des wara so," begann der
Sepp "mia
san auffi
ganga zur großen Kanzel und do hot hoalt mei Oadi mol missa
und
is hinter anam Busch owa ganga und do is sie nimmer aussi kimma. Mehra
woas i a net."
"Do is sie nimmer aussi kimma"?
"Na",
"Nacha schaug ma a moi".
Die ganze
Respektperson drückte sich in diesem Satz aus. Da gab es keine
Widerrede.
Sie fuhren also in dem
Polizeiauto zum
Felswandergebiet und der Sepp war eifrig bei der Sache.
Dort angekommen meinte er: "Do
san ma
g´holtn und hoam unser Auto stehg lossa."
"Aha, also, des macha ma a",
meinte der Wastl
und schon hatte er das Auto auf einen freien Platz gelenkt.
Alle drei
Männer
stiegen aus und
der Sepp zeigte mit dem Finger an das Ende des Parkplatzes, dort, wo
ein schmaler Fußweg nach oben führte.
"Dort san ma auffi",
versicherte er und so
gingen die drei
Männer den Weg entlang, den eigentlich Annamierl gestern gehen
wollte.
Der Wald war hier ein herrlich
dichter
Mischwald mit viel
Unterholz. So gingen sie weiter, immer mal wieder mit der Frage vom
Wastl oder vom Bepperl, wann sie endlich an der Stelle
angekommen
seien, denn der Bepperl war ja auch nicht mehr der Jüngste und
der
Wastl hatte eine ganz schöne "Wampn", wie seine Frau sich
ausdrückte und dann liebevoll drauf klatschte.
"Glei hoam
mas",
versicherte der Sepp um
dann lauthals zu verkünden, dass sie genau an dieser Stelle
hinter
diesem Busch verschwunden und einfach nicht wieder aufgetaucht war.
"Do?"
"Jo, do!" versicherte der Sepp.
Der Bepperl war eifrig bei der
Sache, wollte
er doch vor
seinem Chef einen guten Eindruck hinterlassen. Und dieser folgte ihm,
immer rechts und links schauend.
"I hoab was gfundn"!
verkündete der
Bepperl eifrig.
"Woas´n?"
"Des is a Roatztuach"
"Zeig a moi", jetzt kam die
ganze Wucht der
Amtsperson im Wastl zum Vorschein. Jetzt musste er ran, das war
Chefsache.
Mit vorsichtigen spitzen
Fingern, wenn man von
spitz bei
diesen doch erheblich angedickten Grabschern sprechen konnte, nahm er
das Taschentuch, das an einem Busch hing und beäugte es von
allen
Seiten.
"Ah, da schau her, wos is denn
dös?"
Nun musste auch die andere Hand
genommen
werden und so breitete er das Tuch wie eine Trophäe aus.
"Do is wos einigstickt."
"Dös is a "A" und a
"H", is des des
Roatztuach von
deiner Annamierl?" wandte sich der Wastl an den Sepp, der gleich hinter
ihm stand.
"Mei, meim Annamierl ihr a
Roatzfahne",
schluchtzte der Sepp herzzerreißend.
"Also," sprach der Wastl
abschließend, "die Annamierl is definitiv do auffiganga und
is nimmer zruck."
Sie suchten
noch weiter,
aber von der Ehefrau
des Sepp war weit und breit
nichts zu sehen.
So fuhren sie wieder heim und gaben sich immer
wieder der
Hoffnung hin, vielleicht sei sie ja schon zu Hause und wartete auf
ihren Sepp, oder sie habe sich verlaufen, sei irgendwo eingekehrt um am
nächsten Tag nach Hause zu laufen. Aber zu Hause
wartete
niemand. Wastl und Bepperl gingen wieder in ihre Amtsstube um einen
Bericht zu schreiben und der Sepp? Der pfiff fröhlich
und
gut gelaunt vor sich her. In der Küche, dort wo seine
Annamierl
immer die vielen Bierdosen mit dem Geld aufgewahrt hatte,
zählte
er die Scheine, packte sie zusammen und verstaute sie, an einem Faden
hängend, von oben hinter dem Kleiderschrank seiner Frau. Dann
ging
er pfeifend ins Bett und schlief endlich beglückt ein.
Das Verschwinden von Annamierl
Huber machte im
ganzen
Dorf in Windeseile die Runde. Aber auch der Lukas und der
Franz
hörten von diesem Gerücht und wussten zuerst einmal
gar
nicht, was sie davon halten sollten. Das Auto der Hubers stand, wie
immer auf seinem angemieteten Stammplatz und nach der Schule machten
sich die zwei Freunde dorthin auf.
"Woas moanst, Rolli," fing der
Franz an und
nannte seinen Freund mit dem Spitznamen, "ob dara Kasten no unter dem
Wogn is"?
"Schaug ma moi,"
Beide schauten sich vorsichtig
um, ob auch ja
niemand in
der Nähe war und so pirschten sie sich vorsichtig an das Auto.
Und
tatsächlich, es war noch dran. Lukas nahm
den
Kasten ab und dann nahmen sie ganz schnell ihre
Schultaschen und liefen auf den Sportplatz. Dort fühlten sie
sich
sicher.
Der Chip,
den sie
dann heraus zogen, musste allerdings in einen
Computer eingesteckt werden um ihn auszuwerten. Aber das
war kein Problem, denn sie mussten
schon in der
Schule damit arbeiten und daher hatten beide Buben ihre Geräte.
"Genga mia zu mia!" meinte
Lukas, "mei Muada
is no bei da Tante, di wo krank is, do san ma alloi,"
Gesagt, getan. Eifrig brachten
sie ihren PC in
Gang,
setzten den Chip in den dafür vorgesehenen Schlitz und
warteten ob
der Dinge, die da kommen sollten.
"Jo, pfei grad, des is a
Hammer," rief Lukas
aus und
staunte, was dieser unscheinbare Kasten
so
alles konnte. Auf dem Bildschirm war eine
Karte von
ganz Süddeutschland zu sehen und darauf war mit einem roten
Strich
die Markierung zu sehen, die das Auto am Vortag genommen hatte.
"Saugrad," pflichtete sein
Freund ihm bei.
"Aber wia des, i denk, die san
zur
großen Kanzel auffi ganga, aber des san doch die Alpen?"
"Dös is die
Kampenwand, i woas des,
weil i mit meim Vodder a amoi dort drunt war."
"Aber des gibts do gor nia net,
alla Leit hobn
gsogt, dass
sie im Norden gwen san, do kenna sia do net gleichzeitig im
Süden
san." Vor lauter angestrengtem Nachdenken legte Franz seine Stirn in
Falten und seinen Finger auf die Nasenspitze.
"I hobs", verkündete
er, "die san gar
nia net auf dera großen Kanzel gwen, der Huber Sepp hot
glogn."
"Moanst?"
"I scho,"
"Aba, do missa ma zur Polizei
ganga".
Die beiden Buben
nahmen ihren Chip
heraus, fuhren den PC herunter
und machten sich sogleich auf den Weg zur Polizeistation.
"Der Huba hot glogn" platzte
der Lukas gleich
mit seiner Neuigkeit heraus. "Der war gar nia net auf dera
großen Kanzel".
Erwartungsvoll schauten die
beiden Freunde den
Bepperl an
um ja nicht zu verpassen, wie die Nachricht bei dem Polizisten ankommen
würde. Aber dieser winkte erst mal ab.
"Na, ihr
Möchtegern-Detektive, wieso
glabts ihr, dass der Huber Sepp glogn hot?"
"Der hot eahna oglogn,"
bekräftigte
Franz die Aussage
seines Freundes. "Mia ham des schwarz auf weiß, dass dera di
oglogn hot.
Lukas hielt dem Polizisten den
Chip hin.
Ungläubig schaute sich
dieser den
Chip an und so
erzählten beide Jungens mal gemeinsam, mal hintereinander,
ihre
Geschichte, wie sie das Auto präpariert hatten um mal den
Detektivkasten aus zu probieren. Wie er am anderen Tag aber nicht mehr
da stand und heute wollten sie sich anschauen, was der Kasten
aufgezeichnet hatte.
Noch während die
Beiden
erzählten, steckte
Bepperl den Chip in seinen Computer und staunte nicht schlecht, als er
die Route genau vom Parkplatz, den der Sepp gemietet hatte, rot
angezeigt wurde. Sie führte tatsächlich nicht zur
großen Kanzel, sondern schnurstracks nach Süden, bis
nahe
der Kampenwand, blieb dort stehen und dann zeigte die rote Linie wieder
genau den selben Weg zurück bis hin zu dem Parkplatz.
"Seit wann host denn du den
Kasten?" wollte er
von Lukas wissen.
"Den hob i
an
meim Geburtstag kriagt, voriga Wochn wor des,
aber" versicherte er eifrig,
"des do
hob i no nia net gebraucht,
dös kann der
Franz bezeugen." Ganz stolz war er auf die Formulierung seines Satzes,
den er irgendwann einmal aufgeschnappt hatte.
Bepperl
wirkte
nachdenklich, sehr
nachdenklich. Das war natürlich etwas, was
man eine
glückliche Fügung nennen konnte. Aber, so dachte er
weiter,
das darf zuerst einmal niemand und schon gar nicht der Huber Sepp
vorzeitig erfahren.
"So," fing
er
vorsichtig an, "so, jetzat
sog i eich amoi was, aber des
missat ihr
mia versprecha, dass ihr nie niamois ebbes weiter sagt, ist das klar!"
Die letzten drei Worte wurden
hörbar
laut und in einwandfreiem Hochdeutsch gesprochen um ihre Wirkung noch
zu erhöhen.
"Unsa heiligs Ehrenwort, bei
meina Soil,"
sprach feierlich der Lukas und sein Freund pflichtete ihm eifrig bei.
"Koa Wort net kimmt
über unsera Lippn"
Und so verließen sie
die
Polizeistation um endlich
ihre Hausaufgaben zu machen, aber die fielen so schlecht aus wie noch
nie, da beide mit ihren Gedanken ganz woanders waren.
Bepperl wartete, bis die beiden
Jungens
draußen waren, dann griff er eilig zum Telefon.
„Du, Wastl, kimm amoi
auffi, i hob
was ganz Tolles in Sachen Annamierl. Kimm aber glei.“
Bepperl wartete gar nicht erst
die Antwort ab,
er starrte
fasziniert auf den Bildschirm und auf die rote Linie, die sich quer
über die Karte erstreckte.
Sein Spezl hatte ihn belogen,
war vielleicht
ein
Mörder! Er konnte es einfach nicht fassen. Der Sepp war doch
sonst
so bieder und brav, man konnte sich voll auf ihn verlassen, nein, das
kann nicht sein, er nicht. Nein, nein und nochmals nein.
Als der Wastl zur Tür
herein kam,
begrüßte
ihn der Bepperl gar nicht richtig, weil er ganz aufgeregt auf den
Bildschirm zeigte.
„Jo, und?“
Wastl zuckte
nur mit den Schultern. Eine Karte und eine rote Linie. Was soll das?
„Und desdaweng tuast
du mi
oruaffa? I hoab wos bessares zum doa ois a Kart´n
oschaung“
„Oba dös is
a Kart, wo
drauffi is, wo der Sepp gfoarn is.“
Und endlich erzählte
er von den
Buben, die den
Spionagekasten an das Auto vom Huber angeklemmt hatten und wie sie dann
damit zu ihm gekommen waren.
„I glab, i
spinn“ gab der
Wastl zum Besten. Er
war so fasziniert davon, dass er ganz vergaß, dass er hier
der
Chef war und eigentlich Hochdeutsch sprechen wollte.
„Den
hätt´n mia
nia nich ohne den Kasten hier bekommen, i moan,
überfüahrn kenna.“
„Jo, oba wo san dia
do higanga? Aufm
Berg?”
“Freili
aufm Berg, wo denn
sunscht?“
„Und´s
Annamierl?“
„Die muas eahm dort
umbroacht
hoam.“
„Ah, geh, der Sepp do
net.“
„Wos i dir soag. Wo
sollt sie
sunscht higanga san.
Und“ fügte der Bepperl eifrig hinzu,
„warum hot er uns
ogloang?“
„Wann i
dir´s soag, der
Sepp is a Mörder.“
„Den miassm ma
froang, kunnst glei
auffiganga zum Sepp und briangst man glei aufm Revier.“
Das war ein Befehl und der
Wastl
schlüpfte eifrig in sein Wams, nahm seinen Hut und wollte
gleich gehen.
„Oba, dass du eahm
nix
vazählst, hoast mi!“
„Is scho
guat,“ meinte
darauf der Bepperl und verschwand.
Als der Huber Sepp aufmachte,
nicht ohne
vorher in den
Spiegel zu schauen, ob er auch ja ein leidendes Gesicht macht, war er
sehr verblüfft, seinen Spezl zu
sehen. Sollten
sie? Aber nein, keiner wird ihre Leiche dort vermuten und in
einer Spalte schon gar nicht. Aussichtslos, ja er, der Sepp war schon
ein Pfundskerl, er allein hat den perfekten Mord begangen und der Tag
danach war so friedlich und still, wie schon lange nicht mehr in seinem
Leben. Klar, ein wenig zu still war es schon, aber nach einem
Trauerjahr würde er sich eine junge, hübsche, Frau
nehmen und
dann war die Welt wieder in Ordnung.
„Is wos?“
„I soll di mitnamma
zum
Chef.“
Auf die Frage, warum, zuckte
der Wastl nur mit
den
Schultern. Er wollte seinen ehemaligen Spezl nicht anlügen und
deshalb sagte er lieber nichts. Der würde es ohnehin gleich
erfahren und so war es auch.
„Du woarst mit der
Annamierl auffi
auf dera großen Kanzel?“ fing der Wastl an.
„Jo“, war
der Kommentar
vom Sepp.
„Gestern?“
„Jo.“
„Und du woarst net
zufällig
woanders?“
Jetzt horchte der Sepp auf.
Sollten die doch
was anderes
vermuten? Hat ihn jemand gesehen? Aber er hatte doch so aufgepasst, das
kann doch nicht sein, wahrscheinlich wollten sie ihn auf die Probe
stellen und deshalb die Fragerei.
„Na,“
„Wieso hot dann die
Spionagekarte a
ganz anderne Route aufgezeichnet, ois du gsagt
hoscht?“
„I hoab koa anderne
Route ghabt, nia
nich,“ bekräftigte der Sepp seine Aussage.
„So, und woas is denn
dös
do?“
Mit diesen Worten drehte der
Wastl den
Bildschirm des Computers herum, damit der Sepp die Karte sehen konnte.
Der starrte ungläubig
darauf,
unfähig einen
klaren Gedanken zu fassen. Das war genau der Weg, den das Auto
zurückgelegt hatte.
Aber
der Platz,
an dem
der Mord geschah, den sah man nicht.
Der Sepp unternahm noch einmal
einen
Vorstoß um seine Haut zu retten und ungeschoren davon zu
kommen.
„Dös
do,“ begann
er, „Dös woar
sicherlich vorige Woch. Jo, genau so woars, mia san am Dunnerstog auffi
in die Berg, des war richtig scheh.“
„So, so, am
Dunnersdog. Aba do
hots grengat und do wuist du in die Berg einigegn?“
Mist, das war nicht besonders
schlau.
„Na, mia san net in
die Berg auffi,
sondern mia
san unt spaziern ganga und dann einikehrt in so a
Wirtsstuabn.“
Das war gut, dachte sich der
Sepp, wenn der
Wastl und sein
Assistent Bepperl Nachforschungen anstellen, dann machen sie es unten
im Tal und gehen nicht rauf, wo die Annamierl, Gott hab´ sie
selig, ruht.
„Und dös
soll i dir
glaub´n?“
„Wanns woahr
is,“
„Is es aber
net!“
Die Geduld des Wastl war bald
erschöpft. Dass der
Sepp so aalglatt war, hätte er nicht gedacht. Wie sollte er da
ein
Geständnis aus ihm herauspressen? Noch einen letzten Versuch
würde er machen, wenn er dabei keinen Erfolg hat,
musste er
ihn mangels Beweise laufen lassen.
„Aber der Lukas hot
an dem Tog no
nia den Kasten ghabt, den hot er erst an seim Geburtstog am Freitag
kriegt“
Jetzt war der Sepp am Ende. Er
gestand, dass
er die Annamierl in eine Spalte gestoßen hatte, weil sie ihn
immer bevormundete
und extrem sparsam war.
Wastl und Bepperl waren
zufrieden, sie hatten
einen fast perfekten Mord dank zweier Buben aufgeklärt.
Heidrun
Urich
Für Leute, die das Bayerische nicht verstehen:
Ein
fast perfekter Mord
Lukas
spielt gerne und viel. Auch heute hat er sein neuestes Spiel, einen
Detektivkasten mit auf den Sportplatz genommen, weil er wusste, dass
Franz auch da war. Franz war sein bester Freund. Heute wartete er schon.
“Schau, was ich von meinem Onkel
g´schenkt bekommen
habe,” fing er an und öffnete den Kasten.
“Ui,
ein Detektiv-Kasten. Da kann man tatsächlich
Fingerabdrücke nehmen und
da ist auch noch eine Lupe”, Franz war begeistert und schaute
seinen
Freund gleich mit der Lupe an.
“Schau, da ist ein Ortungsgerät, da
kann ich reinschauen, wo die Eltern sind oder, noch besser”,
begeisterte er sich, “ wenn du heim gehst, dann kann ich
schaun, ob du
tatsächlich heim gegangen bist.”
“Wahnsinn, des ist voll cool. Komm, das probieren
wir gleich
aus”
“Warum, magst jetzt schon heim gehen?”
“Doofkopp, wir nehmen irgend eine Person und sagen ihr dann,
dass sie sich verstecken soll.”
“Quatsch, des is doch blöd, die Person soll doch nie
nichts davon mitbekommaen. Das macht doch viel mehr
Spaß.”
“Ich weiß noch was Besseres. Wir machen es an einem
Auto dran und dann können wir schaun, wo die
hinfahren.”
Die beiden Freunde waren eifrig bei der Sache. Gleich gingen sie auf
den Parkplatz, der an dem Sportplatz angrenzte.
“Schau mal, der ist doch prima.”
“Der geht gar nicht, das ist doch der vom dritten Stock, der
fährt viel zu selten Auto, da müssen wir zulange
warten.”
“Aber
des do, des ist doch die ... Ah na,” meinte Lukas gleich
darauf
enttäuscht, "die tut doch ihren doofen Buben immer in der
Früh fort und
dann sind wir in der Schule.”
Sie gingen weiter.
“Der da, der ist
genau richtig, das sind doch die Hubers, die fahren viel fort, so zum
Wandern und zum Einkaufen und so. Den Wagen nehmen wir.”
Beide Buben waren begeistert und brachten ihr neues Spielzeug mit einem
Magnet unter dem Auto an.
Annamierl und Sepp Huber, ein Rentnerehepaar gehen oft und gerne
wandern.
“Was
meinst, Annamierl, sollen wir einmal rauf gehen auf den Baumwipfelpfad
uns das anschauen? Der Peter hat schon nachgefragt und ich habe zugeben
müssen, dass ich noch nie nicht dort oben war. Er wor total
ganz
begeistert.”
“Ich mag aber nicht dort hin gehen, wo so viel
Saupreißen sind.”
“Wo magst denn sonst hin gehen”?
“Ich mag einmal rauf gehen auf eine Burg?"
Annamierl schaute ihren Sepp erwartungsvoll an. Der aber war gar nicht
begeistert von dem Vorschlag seiner Frau.
"Na,
da gehts nicht, da sind noch viel mehr Touristen, ich mag dort
hingehen, wo wir das letzte Mal waren, weisst, dort rauf zur
großen
Kanzel, da wo du dein Taschentuch
verloren hast."
"Ja, da gehen wir hin," ließ sich Annamierl vernehmen, "am
End finden wir das Taschentuch wieder."
Annamierl
war zeitlebens sehr sparsam, eben eine echte Bierdosnsammlerin. Also
eine, die Bierdosen sammelt, weil sie alles Geld am liebsten in ihre
vorher ausgetrunkenen Bierdosen sammelt. Aber auch sonst und speziell
bei ihrem Sepp ließ sie ihre Sparsamkeit an ihm aus. Wenn die
Hose vom
Sepp zerrissen war, wurde geflickt, war der Flick zerrissen, wurde
draufgeflickt. Der Hut hatte auch schon bessere Tage gesehen und das
Hemd wurde abends gewaschen, über die Heizung gehängt
und tags darauf
wieder angezogen. Die Strümpfe wurden, wenn sie
nicht mehr zu flicken
waren, aufgezogen und mit anderen alten wieder neu gestrickt. Nur die
Haferlschuhe sahen sauber und gepflegt aus. Da ließ der Sepp
seine
Annamierl nicht ran, die wurden eingeschmiert mit Fett, dass
sie nur so trieften, dann wurde gewienert und abends wurden sie
mit Zeitungspapier ausgestopft und unters Bett gestellt.
Am nächsten Morgen stand das Ehepaar sehr früh auf.
"Zefix
no amoi, der Knopf ist schon wieder ab", schimpfte der Sepp und zog es
wieder aus, damit Annamierl einen anderen Knopf annähen konnte.
"Du Dotscherl, du", wies ihn seine Frau zurecht, "wenn du nicht so viel
in dich (Dotscherl=jemand,
der etwas ungeschickt ist.) einstopfen
würdest, dann wäre der Knopf nicht abgesprungen.
"So, jetzt geh weiter, Alte, sonst kommen wir noch nicht fort, dann
sind wir am Abend noch da."
Bald war es geschafft und Annamierl und Sepp fuhren mit ihrem Auto fort.
Aber Sepp lenkte das Auto nicht, wie Annamierl vermutete, nach Norden,
sondern er steuerte den Süden an.
"Wo tust denn du hinfahren, das ist doch nie nicht richtig, da
müssen wir doch auf den Berg rauf fahren"
"Na,"
meinte der Sepp, ich weiss noch was Besseres, ich mag einmal in die
Berge rauf fahren und da ist heute Föhn und da haben wir eine
saugute
Aussicht und das mag ich einmal anschaun."
"Wennst meinst". Annamierl fügte sich, sie konnte ja so wie
so nichts machen, da ihr Sepp schon in Richtung Alpen unterwegs war.
Sie
fuhren also quer durch Niederbayern bis nach Rosenheim, dann hinauf
nach Aschau um von dort auf die Kampenwand rauf zu kraxeln.
Annamierl
war begeistert von der schönen Aussicht. Sie fand zwar den Weg
sehr
weit, das viele Benzin, das sie verfahren hatten, hätte leicht
für
mehrere
Fahrten in ihrer Umgebung gereicht, aber da sie nun schon mal da waren,
genoss sie es um so mehr.
Beide
waren geübte Wanderer, aber das Klettern war in ihrem Alter
nicht mehr
so leicht. Sie schnauften ganz beträchtlich und mussten immer
wieder
Pausen einlegen.
Der Sepp allerdings schaute nicht so sehr die
wirklich wunderschöne Aussicht an, sondern nach etwas ganz
Besonderem,
an das er sich aus seiner früheren Jugendzeit erinnerte, aber
er wusste
nicht mehr, in welcher Höhe es war.
Da, jetzt glaubte er es gefunden
zu haben. Je näher sie kamen um so mehr war er sich sicher,
dass es
diese Spalte war, tief, sehr tief und nicht sehr breit, gerade breit
genug um einen Menschen wie Annamierl sehr tief fallen zu lassen.
"Glaubst,
da können wir hinüber springen?" Annamierl war sich
nicht sicher, denn
es ging nicht nur sehr weit, sondern auch noch bergauf. Ob sie das in
ihrem Alter noch
schaffen würde?
"Das schaffen wir schon noch," beruhigte sie ihr Gatte, "du zuerst und
dann komm ich."
Annamierl
schaute etwas zaghaft, fasste all ihren Mut zusammen, ihr Mann stand ja
hinter ihr und das beruhigte sie.Als sie gerade ihren Sprung
ausführte,
merkte sie einen kräftigen Schubs im Rücken und sah
mit Entsetzen die
tiefschwarze Finsternis der Spalte vor sich und dann merkte sie nur
noch wie sie fiel und fiel und fiel.
Der Sepp stand ungerührt am Rande und schaute ihr nach.
"Ruhe in Frieden", sagte er laut vor sich hin, drehte sich um und ging
den Weg wieder hinunter zu seinem Auto um heim zu fahren.
Am nächsten Tag ging der Sepp zur Polizei.
"Du, Bepperl, die Annamierl ist gestern beim Wandern verschwunden. Das
hat sie noch nie nicht gemacht",
"Wie,
verschwunden?" wunderte sich der Bepperl. Die beiden kannten sich noch
aus den frühesten Kindertagen. Sie spielten schon zusammen im
Sandkasten, gingen
gemeinsam in die Schule. Der Bepperl wurde danach
Polizist, weil er sich in die Uniform verliebt hatte und sich so mehr
Chancen bei dem weiblichen Geschlecht versprach, was allerdings
trügerisch war, er bekam einfach keine Frau. Und da er nicht
gerne
alleine zu Hause war und es an polizeilichem Nachwuchs fehlte,
arbeitete er noch drei Tage die Woche. Der Sepp wurde Automechaniker,
ein in dem kleinen Dorf angesehener Beruf, vor allen Dingen bei der
Jugend.
"Na, halt verschwunden," wiederholte sich der Sepp.
"Sie
wollt halt bieseln und ist hinter einen Busch gegangen und i hab
g´wart
und g´wart und sie ist nicht mehr gekommen." Der Sepp schaute
sehr
verzweifelt drein, jedenfalls bemühte er sich darum.
"Ja, meinst, ich sollte sie suchen, oder was?"
"Was denn sonst? Deswegen bin ich doch da, du Depp."
"Ich? Ganz allein?"
Der Bepperl war schon manchmal begriffsstutzig, jetzt im Alter noch
mehr.
"Los, gehen wir," Der Sepp hatte es aber wirklich sehr eilig.
"Warte einmal, ich sag dem Wastl auch noch Bescheid. Vielleicht geht
der auch mit?"
"Wenn du meinst".
Und so verschwand der Bepperl in den hinteren Räumen um nach
kurzer Zeit mit dem Wastl wieder zu kommen.
"Grüß
dich, Sepp, du machst ja Sachen," begrüßte sie der
Wastl. Seit er der
Chef in der Winkelbrunner Polizei war, bemühte er sich
Hochdeutsch zu
sprechen, was ihm allerdings nicht oft gelang.
"Habe die Ehre", erwiderte der Sepp. Der Bepperl war sein Spezl, doch
der Wastl
war eine Respektsperson, die man gebührend
begrüßen musste.
"Was hör ich da? Dein Weib ist verschwunden? Ja, wie das? Das
geht doch gar nicht?"
Der
Sepp konnte gar nicht die vielen Fragen auf einmal beantworten. Und der
Wastl ist vor lauter Aufregung wieder in seine alte Heimatsprache
zurück gefallen.
"Ja, das war so," begann der Sepp "wir sind rauf
gegangen zur großen Kanzel undda hat halt meine Alte mal
müssen und ist
hinter einem Busch gegangen und da ist sie nicht mehr raus gekommen.
Mehr weiss ich auch nicht."
"Da ist sie nicht mehr raus gekommen"?
"Na",
"Nachher schaun wir einmal". Die ganze Respektperson drückte
sich in diesem Satz aus. Da gab es keine Widerrede.
Sie fuhren also in dem Polizeiauto zum Felswandergebiet und der Sepp
war eifrig bei der Sache.
Dort angekommen meinte er: "Da haben wir gehalten und haben unser Auto
stehn gelassen."
"Aha, also, das machen wir auch", meinte der Wastl und schon hatte er
das Auto auf einen freien Platz gelenkt.
Alle
drei Männer stiegen aus und der Sepp zeigte mit dem Finger an
das Ende
des Parkplatzes, dort, wo ein schmaler Fußweg nach oben
führte.
"Dort
sind wir rauf", versicherte er und so gingen die drei Männer
den Weg
entlang, den eigentlich Annamierl gestern gehen wollte.
Der Wald war
hier ein herrlich dichter Mischwald mit viel Unterholz. So gingen sie
weiter, immer mal wieder mit der Frage vom Wastl oder vom Bepperl, wann
sie
endlich an der Stelle angekommen seien, denn der Bepperl war ja
auch nicht mehr der Jüngste und der Wastl hatte eine ganz
schöne
"Wampn", wie seine Frau sich
(Wampn=Bauch) ausdrückte und dann liebevoll drauf klatschte.
"Gleich
haben wir es", versicherte der Sepp um dann lauthals zu
verkünden, dass
sie genau an dieser Stelle hinter diesem Busch verschwunden und einfach
nicht wieder
aufgetaucht war.
"Da?"
"Ja, da!" versicherte der Sepp.
Der Bepperl war eifrig bei der Sache, wollte er doch vor seinem Chef
einen guten
Eindruck hinterlassen. Und dieser folgte ihm, immer rechts und links
schauend.
"Ich hab´ was gefunden"! verkündete der Bepperl
eifrig.
"Was denn?"
"Das ist ein Taschentuch"
"Zeig einmal", jetzt kam die ganze Wucht der Amtsperson im Wastl zum
Vorschein. Jetzt musste er ran, das war Chefsache.
Mit
vorsichtigen spitzen Fingern, wenn man von spitz bei diesen doch
erheblich angedickten Grabschern sprechen konnte, nahm er das Tuch, das
an einem Busch hing und beäugte es von allen Seiten.
"Ah, da schau her, was ist denn das?"
Nun musste auch die andere Hand genommen werden und so breitete er das
Tuch wie eine Trophäe aus.
"Da ist was eingestickt."
"Das
ist ein "A" und ein "H", ist das das Taschentuch von deiner Annamierl?"
wandte sich der Wastl an den Sepp, der gleich hinter ihm stand.
"Mei, meiner Annamierl ihr Taschentuch", schluchtzte der Sepp
herzzerreißend.
"Also," sprach der Wastl abschließend, "die Annamierl ist
definitiv da rauf gegangen
und ist nicht mehr zurück gekommen."
Sie
suchten noch weiter, aber von der Ehefrau des Sepp war weit und breit
nichts zu sehen. So fuhren sie wieder heim und gaben sich immer wieder
der Hoffnung hin, vielleicht sei sie ja schon zu Hause und wartete auf
ihren Sepp, oder sie habe sich verlaufen, sei irgendwo eingekehrt um am
nächsten Tag nach Hause zu laufen. Aber zu Hause wartete
niemand. Wastl
und Bepperl gingen wieder in ihre Amtsstube um einen Bericht zu
schreiben und der Sepp? Der pfiff fröhlich und gut gelaunt vor
sich
her. In der Küche, dort wo seine Annamierl immer die vielen
Bierdosen
mit dem Geld aufgewahrt hatte, zählte er die Scheine, packte
sie
zusammen und verstaute sie, an einem Faden hängend, von oben
hinter dem
Kleiderschrank seiner Frau. Dann ging er pfeifend ins Bett und schlief
endlich beglückt ein.
Das Verschwinden von Annamierl Huber machte im
ganzen Dorf in Windeseile die Runde. Aber auch der Lukas und der Franz
hörten von diesem Gerücht und wussten
zuerst einmal gar nicht, was
sie davon halten sollten. Das Auto der Hubers stand, wie immer auf
seinem angemieteten Stammplatz und nach der Schule machten sich die
zwei Freunde dorthin auf.
"Was meinst, Rolli," fing der Franz an und nannte seinen Freund mit dem
Spitznamen, "ob der Kasten noch unter dem Wagen ist"?
"Schauen wir einmal,"
Beide
schauten sich vorsichtig um, ob auch ja niemand in der Nähe
war und so
pirschten sie sich vorsichtig an das Auto. Und tatsächlich, es
war noch
dran.
Lukas nahm den Kasten ab und dann nahmen sie ganz schnell ihre
Schultaschen und liefen auf den Sportplatz. Dort fühlten sie
sich
sicher.
Der Chip, den sie dann heraus zogen, musste allerdings in
einen Computer eingesteckt werden um ihn auszuwerten. Aber das war kein
Problem, denn sie mussten schon in der Schule damit arbeiten und daher
hatten beide Buben ihre Geräte.
"Gehn wir zu mir!" meinte Lukas, "meine Mutter ist noch bei der Tante,
die wo krank ist, da sind wir allein,"
Gesagt,
getan. Eifrig brachten sie ihren PC in Gang, setzten den Chip in den
dafür vorgesehenen Schlitz und warteten ob der Dinge, die da
kommen
sollten.
"Ja, super, das ist der Hammer," rief Lukas aus und
staunte, was dieser unscheinbare Kasten so alles konnte. Auf dem
Bildschirm war eine Karte von ganz Süddeutschland zu sehen und
darauf
war mit einem roten Strich die Markierung zu sehen, die das Auto am
Vortag genommen hatte.
"Saugrad," pflichtete sein Freund ihm bei.
"Aber wie das, ich denk, die sind zur großen Kanzel rauf
gegangen, aber das sind doch die Alpen?"
"Das ist die Kampenwand, ich weiß das, weil ich
mit meiem
Vater auch einmal dort unten war."
"Aber
das gibts doch gar nie nicht, alle Leut haben gesagt, dass sie im
Norden gewesen sind, do können sie doch nicht gleichzeitig im
Süden
sei." Vor lauter angestrengtem
Nachdenken legte Franz seine Stirn in Falten und seinen Finger auf die
Nasenspitze.
"Ich habs", verkündete er, "die sind gar nie nicht auf der
großen Kanzel gewesen, der Huber Sepp hat gelogen."
"Meinst?"
"Ich schon."
"Aber, da müssen wir zur Polizei gehn".
Die beiden Buben nahmen ihren Chip heraus, fuhren den PC herunter und
machten sich sogleich auf den Weg zur Polizeistation.
"Der Huber hat gelogen" platzte der Lukas gleich mit seiner
Neuigkeit heraus. "Der war gar nie nicht auf der großen
Kanzel".
Erwartungsvoll
schauten die beiden Freunde den Bepperl an um ja nicht zu verpassen,
wie die Nachricht bei dem Polizisten ankommen würde. Aber
dieser
winkte erst mal ab.
"Na, ihr Möchtegern-Detektive, wieso glaubts ihr, dass der
Huber Sepp gelogen hat?"
"Der
hat Sie angelogen," bekräftigte Franz die Aussage seines
Freundes. "Wir
haben das schwarz auf weiß, dass der dich angelogen
hat.“
Lukas hielt dem Polizisten den Chip hin.
Ungläubig
schaute sich dieser den Chip an und so erzählten beide Jungens
mal
gemeinsam, mal hintereinander, ihre Geschichte, wie sie das Auto
präpariert hatten um mal den Detektivkasten aus zu probieren,
wie er am
anderen Tag aber nicht mehr da stand und heute wollten sie sich
anschauen, was der Kasten
aufgezeichnet hatte.
Noch während die
Beiden erzählten, steckte Bepperl den Chip in seinen Computer
und
staunte nicht schlecht, als er die Route genau vom Parkplatz, den der
Sepp
gemietet hatte, rot angezeigt wurde. Sie führte
tatsächlich
nicht zur großen Kanzel, sondern schnurstracks nach
Süden, bis nahe der
Kampenwand, blieb dort stehen und dann zeigte die rote Linie
wieder
genau den selben Weg zurück bis hin zu dem Parkplatz.
"Seit wann hast denn du den Kasten?" wollte er von Lukas wissen.
"Den
hab ich an meinem Geburtstag bekommen, vorige Woche war das, aber"
versicherte er eifrig, "den da habe ich noch nie nicht gebraucht, das
kann der Franz bezeugen." Ganz stolz war er auf die Formulierung seines
Satzes, den er irgendwann einmal aufgeschnappt hatte. Bepperl wirkte
nachdenklich, sehr nachdenklich. Das war natürlich etwas, was
man eine
glückliche Fügung nennen konnte. Aber, so dachte er
weiter, das darf
zuerst einmal niemand und schon gar nicht der Huber Sepp vorzeitig
erfahren.
"So," fing er vorsichtig an, "so, jetzt sag ich euch
einmal was, aber das müßt ihr mir versprechen, dass
ihr nie niemals
etwas weiter sagts, ist das klar!"
Die letzten drei Worte wurden hörbar laut und in einwandfreiem
Hochdeutsch gesprochen um ihre Wirkung noch zu erhöhen.
"Unser heiliges Ehrenwort, bei meiner Seele," sprach feierlich der
Lukas und sein Freund pflichtete ihm eifrig bei.
"Kein Wort nicht kommt über unsere Lippen"
Und
so verließen sie die Polizeistation um endlich ihre
Hausaufgaben zu
machen. Aber die fielen so schlecht aus wie noch nie, da beide mit
ihren Gedanken ganz woanders waren.
Bepperl wartete, bis die beiden Jungens draußen waren, dann
griff er eilig zum Telefon.
„Du, Wastl, komm einmal rauf, ich hab was ganz Tolles in
Sachen Annamierl. Komm aber gleich.“
Bepperl
wartete gar nicht erst die Antwort ab, er starrte fasziniert auf den
Bildschirm und auf die rote Linie, die sich quer über die
Karte
erstreckte.
Sein Spezl hatte ihn belogen, war vielleicht ein Mörder!
Er konnte es einfach nicht fassen. Der Sepp war doch sonst so bieder
und brav, man konnte sich voll auf ihn verlassen, nein, das kann nicht
sein, er nicht. Nein, nein und nochmals nein.
Als der Wastl zur Tür herein kam, begrüßte
ihn der
Bepperl gar nicht richtig, weil er ganz aufgeregt auf den Bildschirm
zeigte.
„Ja, und?“ Wastl zuckte nur mit den Schultern. Eine
Karte und eine rote Linie. Was soll das?
„Und deswegen tust du mich anrufen? Ich hab was Besseres zu
tun als eine Karte anschaun“
„Aber das ist eine Karte, die wo anzeigt, wo der Sepp gefahrn
ist.“
Und
endlich erzählte er von den beiden Buben, die den
Spionagekasten an das
Auto vom Huber angeklemmt hatten und wie sie dann damit zu ihm gekommen
waren.
„Ich glaube, ich spinne“ gab der Wastl
zum Besten.
Er war so
fasziniert davon, dass er ganz vergaß, dass er hier der Chef
war und
eigentlich Hochdeutsch sprechen wollte.
„Den hätt´n wir nie nicht ohne den Kasten
hier bekommen, ich meine, überführen
können.“
„Ja, aber wo sind die dann hingegangen? Auf den
Berg?”
“Freilich auf den Berg, wo denn sonst?“
„Und die Annamierl?“
„Die muss er dort umgebracht haben.“
„Ah, geh, der Sepp doch nicht.“
„Was ich dir sage. Wo sollte sie sonst hingegangen sein.
Und“ fügte der Bepperl eifrig
hinzu, „warum hat er uns angelogen? Wann ich dir´s
sag, der Sepp ist ein Mörder.“
„Den müssen wir fragen, kannst gleich hingehen zum
Sepp und bringst ihn mir gleich aufs Revier.“
Das war ein Befehl und der Bepperl schlüpfte eifrig in seine
Jacke, nahm seinen Hut und wollte gleich gehen.
„Aber, dass du ihm nichts erzählst, hoast
mi!“ (hast du mich verstanden)
„Ist schon gut,“ meinte darauf der Bepperl und
verschwand.
Als
der Huber Sepp aufmachte, nicht ohne vorher in den Spiegel zu schauen,
ob er auch ja ein leidendes Gesicht macht, war er sehr
verblüfft, seinen
Spezl
zu sehen. Sollten sie? Aber nein, keiner wird ihre Leiche dort vermuten
und in einer Spalte schon gar nicht. Aussichtslos, ja er, der Sepp war
schon ein
Pfundskerl, er allein hat den perfekten Mord begangen und
der Tag danach war so friedlich und still, wie schon lange nicht mehr
in seinem Leben. Klar, ein
wenig zu still war es schon, aber nach
einem Trauerjahr würde er sich eine junge, hübsche,
Frau nehmen und
dann war die Welt wieder in Ordnung.
„Ist was?“
„Ich soll dich mitnehmen zum Chef.“
Auf
die Frage, warum, zuckte der Wastl nur mit den Schultern. Er wollte
seinen ehemaligen Spezl nicht anlügen und deshalb sagte er
lieber
nichts. Der würde es ohnehin gleich
erfahren und so war es
auch.
„Du warst mit der Annamierl droben auf der großen
Kanzel?“ fing der Wastl an.
„Ja“, war der Kommentar vom Sepp.
„Gestern?“
„Ja.“
„Und du warst nicht zufällig woanders?“
Jetzt
horchte der Sepp auf. Sollten die doch was anderes vermuten? Hat ihn
jemand gesehen? Aber er hatte doch so aufgepasst, das kann doch nicht
sein, wahrscheinlich wollten sie ihn auf die Probe stellen und deshalb
die Fragerei.
„Nein,“
„Wieso hat dann die Spionagekarte eine ganz andere Route
aufgezeichnet, als du gesagt hast?“
„Ich habe keine andere Route gehabt, nie nicht,“
bekräftigte der Sepp seine Aussage.
„So, und was ist denn das da?“
Mit diesen Worten drehte der Wastl den Bildschirm des Computers herum,
damit der Sepp die Karte sehen konnte.
Der
starrte ungläubig darauf, unfähig einen klaren
Gedanken zu fassen. Das
war genau der Weg, den das Auto zurückgelegt hatte. Aber der
Platz, an
dem der Mord geschah, den sah man nicht.
Der Sepp unternahm noch einmal einen Vorstoß um seine Haut zu
retten und ungeschoren davon zu kommen.
„Das
da,“ begann er, „Das war sicherlich vorige Woche.
Ja, genau so wars,
wir sind am Donnerstag in die Berge, das war richtig
schön.“
„So, so, am Donnerstag. Aber da hats geregnet und da willst
du in die Berg reingehen?“
Mist, das war nicht besonders schlau.
„Nein, wir sind nicht in die Berge rauf, sondern wir sind
unten spazieren gegangen und dann eingekehrt in so eine
Wirtsstuben.“
Das
war gut, dachte sich der Sepp, wenn der Wastl und sein Assistent
Bepperl Nachforschungen anstellen, dann machen sie es unten im Tal und
gehen nicht rauf, wo die Annamierl, Gott hab´ sie selig, ruht.
„Und das soll ich dir glauben?“
„Wenn es wahr ist,“
„Ist es aber nicht!“
Die
Geduld des Wastl war bald erschöpft. Dass der Sepp so aalglatt
war,
hätte er nicht gedacht. Wie sollte er da ein
Geständnis aus ihm
herauspressen? Noch
einen letzten Versuch würde er machen, wenn er dabei keinen
Erfolg hat, musste er ihn mangels Beweise laufen lassen.
„Aber der Lukas hat an dem Tag noch keinen Kasten gehabt, den
hat er erst an seinem Geburtstag am Freitag bekommen“
Jetzt
war der Sepp am Ende. Er gestand, dass er die Annamierl in eine Spalte
gestoßen hatte, weil sie ihn immer bevormundete und extrem
sparsam war.
Wastl und Bepperl waren zufrieden, sie hatten einen fast perfekten Mord
Dank zweier Buben aufgeklärt.
Heidrun
Urich